Dormettingen , 04.10.2017
„Vor einigen Jahren hatten wir mal einen Kunden aus Mexiko zu Besuch, der es kaum glauben konnte, dass in einem so kleinen Ort wie Dormettingen, der kleiner als sein Stadtteil in Mexiko-City sei, so »großartige Maschinen« hergestellt werden.“ Wolfgang Weckenmann, der gemeinsam mit seinem Bruder Hermann seit 1989 die Geschäfte des schwäbischen Familienunternehmens am Fuße der Schwäbischen Alb leitet, schmunzelt, als er diese Anekdote erzählt. Und in der Tat: Dormettingen im Zollernalbkreis ist mit rund 1.100 Einwohnern nicht gerade der Nabel der Welt.
Dies konnte Paul Weckenmann nicht davon abhalten, im Januar 1957 mit seiner Ehefrau Elfriede eine Schmiedewerkstätte zu gründen. Zu Beginn verdienten beide ihren Unterhalt mit Schlosserarbeiten und Landmaschinenhandel. Nach wenigen Jahren begann das junge Unternehmen mit der Produktion von Schalungen und Maschinen zur Herstellung von Deckenträgern aus Beton.
Zu den ersten Kunden zählte unter anderem ein Hersteller von Betonfertigteilen im benachbarten Dotternhausen. Etwa 8 Jahre später, im Jahr 1965, lieferte das junge Unternehmen bereits die ersten Anlagen zur Herstellung von Betonfertigteilen an regionale Kunden.
Erfindergeist in der Unternehmens-DNA
Seit dieser Zeit mischt der schwäbische Maschinen- und Anlagenbauer in schöner Regelmäßigkeit die Branche mit seinen technischen Innovationen auf. Zu Recht sind sie ein bisschen stolz, die beiden Söhne des Firmengründers, dass die Weckenmann Anlagentechnik GmbH & Co.KG aus der kleinen süddeutschen Gemeinde weltweit zu den innovativsten und deshalb auch führenden Unternehmen der Branche zählt. Die beeindruckenden Anlagen zur Betonfertigteilherstellung mit dem blauen Weckenmann-Logo stehen heute auf allen Kontinenten. An zwei Standorten beschäftigt der Mittelständler heute 155 Menschen. In Staßfurt in Sachsen-Anhalt befindet sich der zweite Produktionsstandort.
Betrachtet man die Liste der technischen Neuerungen, mit denen sie bei Weckenmann die Herstellung von Betonfertigteilen immer wieder auf eine technisch höhere Stufe gehoben haben, entsteht der Eindruck, dass das beharrliche Suchen nach neuen Lösungen in der DNA des Familienbetriebs liegt.
So hat Weckenmann 1971 den ersten Betonverteiler für Omnia-Großflächendecken in Serie gefertigt, wobei man hier anmerken muss, dass das Patent ein Weckenmann-Kunde innehatte. Aber der erste 1:1-Großplotter für Betonfertigteilanlagen war eine Erfindung der Dormettinger und ein Riesenschritt in Richtung Automatisierung. Weiter ging es mit dem ersten MRP-Gerät zum Magazinieren, Reinigen und Plotten. MRP-Systeme von Weckenmann kommen heute hauptsächlich bei der Herstellung von Elementdecken und Doppelwänden bei kleinen und mittleren Serien zum Einsatz. 1992 kam dann der erste Schalungsroboter zum automatisierten Handling der riesigen Schalungsprofile. Das ist bis heute eine Spezialität von Weckenmann. Gerade im Bereich der Schalungsroboter zählt Weckenmann zu den führenden Anbietern. So bringt etwa der patentierte Twin-Z-Schalungsroboter bei einzelnen Kunden eine Taktzeitreduzierung von rund 30 Prozent gegenüber einem herkömmlichen Schalungsroboter. Dank patentierter Doppel-Z-Achse können auch lange und schwere Abschalprofile sicher positioniert werden.
Zukunftssicherung durch technischen Fortschritt
Fragt man bei Weckenmann nach den technischen Highlights der jüngsten Firmengeschichte, fallen drei auf den ersten Blick kryptische Kürzel auf: MagVib, WAvision und MBM. „MagVib“ steht für magnetisch fixierte Vibratoren und bezeichnet eine Technik, mit der der Frischbeton verdichtet wird. Dabei werden Hochfrequenzvibratoren zur Verdichtung magnetisch mit den Schalungspaletten verspannt oder verklammert. Das Verdichten geht so wesentlich effizienter und vor allem deutlich leiser.
Mit „WAvision“ bietet Weckenmann eine modulare Steuerung für eine automatisierte Betonfertigteilproduktion an. Dabei werden alle im Unternehmen vorhandenen Daten, von der Arbeitsvorbereitung bis zur Produktion, genutzt und zur Steuerung der Anlage im System WAvision verarbeitet. WAvision ist schnittstellenoffen, ermöglicht den Kunden den Aufbau einer Industrie 4.0-Umgebung und sichert die durchgängige Prozesssteuerung, -planung und -Analyse.
Prämierte Technologie
Gleich zwei renommierte Auszeichnungen erhielten die Maschinenbauer von Weckenmann für ihre jüngste Innovation, die Mobile Batterieschalung „MBM®“ (Mobile Battery Mould). Für diese neuartige, transportable Batterieschalung gab es im Jahr 2016 den Innovationspreis des Landes Baden-Württemberg und eine Nominierung für den Innovationspreis der bauma, der wichtigsten Baumaschinenmesse der Welt. „Dieses Produkt ermöglicht die Fertigung von flächigen Betonfertigteilen in unmittelbarer Nähe zur Baustelle, auf der die Betonfertigteile verbaut werden“, erläutert Hermann Weckenmann die Vorteile der Mobilen Batterieschalung. „Das rasante Bevölkerungswachstum und die zunehmende Landflucht erfordern schnell und in großem Stil bezahlbaren Wohnraum in den Städten. Ohne Betonfertigteile ist dies nicht zu machen“, sagt Weckenmann und ergänzt: „Großbaustellen in Ballungszentren bieten keinen Platz für konventionelle, stationäre Betonfertigteilwerke in unmittelbarer Nähe. Zentrale Fertigteilwerke sind oft zu weit weg, die Transportwege zu lang und die Logistik zu teuer. Mit der Mobilen Batterieschalung MBM® bieten wir die Lösung für dieses Problem.“
In der transportablen Batterieschalung, einem quasi mobilen Fertigteilwerk, werden die flächigen Betonfertigteile vertikal gefertigt. Die Wände und Decken sind beidseits schalungsglatt und damit oberflächenfertig zum Verbauen vor Ort. Die Batterieschalung mit den schweren Mittel- und Außenschalungen und die anderen zentralen Komponenten werden auf einem Spezialfahrzeug fest montiert. Der gesamte Auf- und Abbau kann innerhalb weniger Tage von fünf bis sieben Personen bewerkstelligt werden.
Algorithmen bauen keine Maschinen
Dieses Produkt stellt die Innovationskraft und den Weitblick der Weckenmann-Ingenieure besonders unter Beweis, ist es doch die Antwort auf zukünftige Herausforderungen im Zuge eines zunehmenden Wohnungsmangels. Bei Weckenmann ist man deshalb zuversichtlich, was das Bauen mit Betonfertigteilen und damit den Bedarf an innovativen Anlagenkonzepten angeht. Das Unternehmen versteht sich heute mehr denn je als Komplettanbieter, der schlüsselfertige Anlagen vom Schalungsprofil bis zur IT-Steuerung liefert. Anlagen, auf denen dann Betonfertigteile auch für so renommierte Bauten wie das Akropolis-Museum in Athen oder die Technische Universität Dresden hergestellt werden.
„Die Herausforderungen für uns als mittelständisches Familienunternehmen liegen weniger im weltweiten Bedarf an Betonfertigteilen; der ist groß genug“, erklärt Wolfgang Weckenmann. „Wir stehen vor der nicht einfachen Daueraufgabe, motivierte und qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Wir brauchen Teams, mit denen wir zum einen die technologischen Entwicklungen, Stichwort Digitalisierung, meistern können. Und wir brauchen Menschen, die Kunden und Projekte auf der ganzen Welt in den verschiedensten Kulturkreisen adäquat betreuen wollen und können. Denn bei allem technischen Fortschritt sind es doch die Menschen in unserem Unternehmen, die unsere Kunden beraten, unsere Konzepte entwickeln und unsere Maschinen bauen. Und wenn eine Anlage mal eine Störung hat, ist es nicht der Algorithmus, der dem Anwender aus der Patsche hilft, sondern der Weckenmann-Service, der, wenn Not am Mann ist, immer erreichbar ist.“
Zukunft als Aufgabe und nicht als Schreckensvision – in Dormettingen stellen sie sich dieser Aufgabe seit nunmehr 60 Jahren. Man darf gespannt sein, was die Ideenschmiede Weckenmann in Zukunft für die innovative Betonfertigherstellung hervorbringen wird.